Anfrage
Sachverhalt:
„Hat die Kommune kommunale Anstalten, sonstige Unternehmen oder Einrichtungen sowie Beteiligungen an Ihnen, muss sie die nach § 150 Satz 1 NKomVG i.s.d. von ihr zu erfüllenden Zwecke in einem Beteiligungsmanagement koordinieren und überwachen. Sie ist berechtigt, sich jederzeit bei den jeweiligen kommunalen Anstalten, sonstigen Unternehmen, Einrichtungen und Gesellschaften zu unterrichten.“ (Kommunale Finanzwirtschaft Niedersachsen, Kohlhammer, 7. Auflage)
In den Haushaltsberatungen zum Haushalt 2023 im Dezember 2022 hat die Verwaltung ausgeführt, dass die Beteiligungen des Landkreises, allerdings nur mit Stand von 2020, mit 49,84 Millionen EUR verschuldet waren. Damit wird deutlich, dass der finanzielle Handlungsspielraum des Landkreises auch durch die wirtschaftliche Lage und vor allem Entwicklung in den Beteiligungen maßgeblich bestimmt wird; aber auch, dass aktuelle Zahlen und Entwicklungen offensichtlich durch das Beteiligungsmanagement nicht vorgelegt werden konnten oder sollten.
Die AfD-Fraktion im Kreistag bittet vor dem Hintergrund des oben genannten Sachverhaltes um Beantwortung folgender Fragen:
1. In welcher Höhe sind die Beteiligungen des Landkreises aktuell verschuldet?
2. Wie wird (bitte möglichst zeitnah darstellen) die wirtschaftliche / finanzielle Entwicklung dieser Beteiligungen durch das Beteiligungsmanagement bewertet?
3. Welche Vorgaben zur Berichtspflichten bestehen seitens der jeweiligen Geschäftsführungen der Beteiligungen an das Beteiligungsmanagement des Landkreis?
Zu Fragen 1 und 2. die Antworten bitte aufschlüsseln nach den jeweiligen Beteiligungen, Bildungs- und Kultur gGmbH, Schulsanierungs GmbH, Verkehrsgesellschaft Landkreis Gifhorn mbH (VLG), Tankumsee Betriebsgesellschaft mbH.
Antwort
- Der Landkreis Gifhorn hat Schulden in Höhe von 167.939.519 € (Stand 2021). Die VLG hat Schulden in Höhe von 3.732.355 € (Stand 2022). Die Tankumsee Betriebsgesellschaft hat Schulden in Höhe von 1.850.980 € (Stand 2022). Die gGmbH hat Schulden in Höhe von 2.033.775 € (Stand 2022). Die Schulsanierungs-GmbH hat Schulden in Höhe von 45.083.991 € (Stand 2022).
Die Beteiligungen des Landkreises sind somit insgesamt in Höhe von 52.701.100 € verschuldet. - VLG: Die Vermögens- und Finanzlage der VLG ist weiterhin geordnet. Ein Risiko betrifft derzeit der leergefegte Fahrermarkt in allen Teilen des Landes. Seit August wird der bisherige eigenwirtschaftliche Verkehr, indem Aufwendungen kostendeckenden Erträgen gegenüberstehen, von einem gemeinwirtschaftlichen Verkehr abgelöst.
Landkreis und Regionalverband als Aufgabenträger beauftragten die VLG im Rahmen einer Direktvergabe mit der Erbringung der Verkehrsleistungen. Bei dann zukünftig steigenden Ausgleichskosten ist schrittweise eine qualitative und quantitative Ausweitung der Verkehre im Landkreis Gifhorn vorgesehen. Dies führt zu höheren Kosten für den ÖPNV beim Landkreis Gifhorn.
Die Fahrerlöhne bei den Tochtergesellschaften GVB und KVB sind seit Januar 2023 auf das Lohnniveau der VLG angepasst worden. Es wurde eine rückwirkende Verschmelzung der Tochtergesellschaften mit der VLG zum 01.01.2023 vorgenommen. Ein erhebliches Risiko werden die Tarifverhandlungen 2023 ff. ergeben.
Tankumsee: Die Tankumsee ist gekennzeichnet durch das Prozessrisiko des Gerichtsverfahrens mit der No-Limt GmbH.
Nachdem das Landgericht die Klage von der No-Limit GmbH gegenüber der Tankumsee GmbH abgewiesen hatte, läuft das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht. Eine naturgemäß wesentliche Komponente für den wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft bleibt das Wetter. Dies beeinflusst im Wesentlichen die Besucherzahlen und somit die Erlöse.
Über die letzten Jahrzehnte hat sich an den gesellschaftseigenen Gebäuden und Infrastruktureinrichtungen ein Sanierungs- und Instandhaltungsrückstand ergeben. Die betrifft insbesondere die energetische Sanierung sowie die grundlegende Sanierung an Gebäuden und Anlagen.
Um die Gesellschaft zukunftsfest aufzustellen und den Zustand von Einrichtungen Gebäuden und Infrastruktur auf einen aktuellen Standard zu heben, sind Aufwendungen und Investitionen erforderlich. Da diese nicht aus dem laufenden und lediglich saisonalen Einnahmegeschäft geleistet werden können, wurde die Gesellschaft in 2022 strukturell und finanziell neu aufgestellt. Damit wurden die Voraussetzungen für künftig notwendige Vorhaben geschaffen.
gGmbH: Die gGmbH hat erhebliche kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber dem Landkreis Gifhorn. Im Jahr 2022 wurden Maßnahmen zur Einsparung und Reduzierung von Kosten durch den Landkreis Gifhorn gefordert. Diese wurden durch die Gesellschaft umgesetzt müssen aber für die folge Jahre weiter intensiviert werden. Das strukturelle Defizit der Gesellschaft wird weiterhin bestehen bleiben. Es sollte aber weiterhin Maßnahmen zur Kostenreduzierung umgesetzt werden.
SchulSa: Das Fremdkapital ist durch Bürgschaften oder Patronatserklärungen des Landkreises Gifhorn abgesichert. Die Finanzierung des Kapitals und des laufenden Geschäftsbetriebes der SchulSa ist durch langfristige Mitverträge mit einem solventen Mieter (Landkreis Gifhorn) und die Rückkaufoption nach Vertragslaufzeit gesichert.
Die Finanzlage ist geordnet und es bestehen keine Zukunftsrisiken. - Vom Kreistag wurde am 02.07.2014 die Rahmenrichtlinie für das Beteiligungsmanagement in der Verwaltung des Landkreises Gifhorn beschlossen. Das Beteiligungsmanagement ist danach berechtigt sich jederzeit bei den jeweiligen Unternehmen und Einrichtungen zu unterrichten. Die Vorgaben zum Berichtswesen sind ebenfalls in der Richtlinie geregelt.
7.3. Unterjähriges Berichtswesen
Die Geschäftsführung unterrichtet den Aufsichtsrat und den Gesellschafter (Beteiligungsmanagement) nach deren Vorgaben laufend über die Entwicklung des Geschäftsjahres. Voraussichtliche Abweichungen vom Wirtschaftsplan teilt die Geschäftsführung unverzüglich mit.
Die Beteiligungsunternehmen haben insbesondere vierteljährlich zu berichten über:
– den Verlauf der Geschäfte
– die Ist-/Planzahlen zum Quartalsende sowie Prognose/Hochrechnung zum 31.12. des
Kalenderjahres (Gewinn- und Verlustrechnung, Investitionen, Finanzbedarfsplanung)
– die Erläuterung der wesentlichen Abweichungen und ggf. Darstellung von Gegensteuerungsmaßnahmen
Der Gesellschafter (Beteiligungsmanagement) stellt den Beteiligungsunternehmen Vordrucke zur Verfügung, die für das unterjährige Berichtswesen ausschließlich zu verwenden sind.
Sollte die Buchführung über ein DATEV-Programm erfolgen, ist dem Gesellschafter (Beteiligungsmanagement) vierteljährig eine Datensicherung elektronisch zu übermitteln.
Sollte die Buchführung über ein anderes Programm erfolgen, ist dem Gesellschafter (Beteiligungsmanagement) vierteljährig eine Summen- und Salden-Liste elektronisch zu übermitteln.
Auf den letzten Punkt kann zurzeit verzichtet werden, da das Beteiligungsmanagement die Buchführungen der o.g. Beteiligung als Dienstleistung für diese ausführt. Dies hat den Vorteil, dass das Beteiligungsmanagement jederzeit den Überblick über die Beteiligungen
hat.
Ebenfalls haben wir in dieser Richtlinie eine weitere Berichtspflicht geregelt:
7.4. Risikofrüherkennungssystem
Unabhängig von den regelmäßigen Berichtspflichten sind ggf. Ad-Hoc-Risikoberichte durch die Beteiligungsunternehmen zu liefern. Auslöser einer Ad-Hoc-Risikoberichterstattung sind drohende, erheblich negative Planabweichungen und akute Risiken für die Unternehmensentwicklung.
Ein akutes Risiko für die Unternehmensentwicklung ist dadurch charakteristisch, dass ein Sachverhalt eingetreten oder unmittelbar zu erwarten ist, der sich zwar noch nicht in aktuellen Planabweichungen niederschlagen muss zukünftig jedoch erhebliche Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg bzw. den Haushalt haben könnte. Die Entscheidung darüber, ob ein Sachverhalt als ein akutes Risiko für die Unternehmensentwicklung einzustufen ist, trifft die Geschäftsführung der jeweiligen Beteiligungsunternehmen.
Liegt ein Auslöser für eine Ad-Hoc-Risikoberichterstattung vor, so besteht eine unverzügliche Berichtspflicht der Beteiligungsgesellschaft an die zuständigen Gremien und den Gesellschafter (Beteiligungsmanagement) unabhängig von sonstigen Berichtspflichten und -zyklen. Im Rahmen des Berichts ist das Risiko (ggf. mit geschätzter Eintrittswahrscheinlichkeit), seine Auswirkungen auf die Planungsrechnung, seine Ursachen sowie Vorschläge für die Gegensteuerung darzustellen.
Hinsichtlich der Struktur des Berichtes herrscht grundsätzlich Formfreiheit. Adressat ist hier das Beteiligungsmanagement.
Mit freundlichen Grüßen
Gez. Tobias Heimann