Anfrage
- Welche sozialen Akteure, Träger und Vereine, wie Flüchtlingshilfswerke, Frauen- / Familienunterstitzungseinrichtungen, Dolmetscher, Interventions- und Präventionsstellen etc. sind regelmäßig in der Flüchtlingsunterkunft Ehra-Lessien tätig?
- Wie viele Mitarbeiter der Kreisverwaltung sind regelmäßig in der Flüchtlingsunterkunft Ehra-Lessien tätig (Bitte aufschlüsseln nach Fachbereichen)?
- Nach welchem gängigen Prozedere findet eine getrennte Unterbringung der Flüchtlinge in Ehra-Lessin statt und nach welchen Merkmalen (Geschlecht, Religion,Familienstand etc.) werden Personengruppen räumlich getrennt und auf Basis welcher Erkenntnisse stützt sich diese räumliche Trennung?
- Welche baulichen Maßnahmen wurden 2022 in der Flüchtlingsunterkunft Ehra-Lessien unternommen, um welche vulnerable Personengruppen von anderen Mitbewohnern räumlich zu trennen und wie begründet die Kreisverwaltung diese Entscheidung?
- Welche schriftlichen Vorgaben gab es seitens des Landrates / bzw. der Verwaltungsspitze der Kreisverwaltung im Zeitraum Oktober 2021 bis Mai 2022 zur Durchführung und zum Nachweis von Dienstaufsicht gegenüber den Akteuren gem. Frage 1und gegenüber dem eingesetzten Sicherheitsdienst in Ehra-Lessien?
- Wie viele Meldungen über Vorkommnisse von Beziehungsgewalt und Übergriffe gegen (alleinstehende) Frauen wurden durch den eingesetzten Sicherheitsdienst im Zeitraum Januar bis Mai 2022 an den Landkreis gemeldet und bei wie vielen dieser Fälle kam es zu einen Polizeieinsatz bzw. zu polizeilichen Ermittlungen? Wie sind die Zahlen für das Jahr 2021 (bitte nach Quartalen aufschlüsseln)?
- Gab es im Zeitraum Oktober 2021 bis Mai 2022 seitens der in Antwort 2 genannten Mitarbeiter der Kreisverwaltung, des sozialpsychiatrischen Dienstes und der Stabsstelle fiir Integration Hinweise oder Meldungen an die Kreisverwaltung, dass es in der Flüchtlingsunterkunft vermehrt zu Übergriffen / Bedrohungen / Belästigungen gegenüber Frauen gekommen ist?
- Gab es im Zeitraum Oktober 2021 bis Mai 2022 seitens des Flüchtlingsrates Niedersachsen konkrete Hinweise oder Meldungen an die Kreisverwaltung, dass es in der Flüchtlingsunterkunft vermehrt zu Übergriffen / Bedrohungen / Belästigungen gegenüber Frauen gekommen ist und wann wurden diese Hinweise erstmals verlautbart?
- Gab es im Zeitraum Oktober 2021 bis Mai 2022 seitens der anderen in Antwort 1 genannten sozialen Akteure Hinweise oder Meldungen an die Kreisverwaltung, dass es in der Flüchtlingsunterkunft vermehrt zu Übergriffen / Bedrohungen / Belästigungen gegenüber Frauen gekommen ist?
- Waren der Kreisspitze und dem Landrat die Hinweise und Meldungen der genannten Aktuere über Übergriffen / Bedrohungen / Belästigungen gegenüber Frauen vor der Ausstrahlung der Sendung ,,Panorama 3″ bekannt?
- Waren der Kreisspitze und dem Landrat die Hinweise und Meldungen der genannten Akteure über Übergriffen / Bedrohungen / Belästigungen gegenüiber Frauen vor dem Besuch des Bundesministers für Arbeit und Soziales – Hubertus Heil – in der Flüchtlingsunterkunft im Marz 2022 bekannt und gab es einen Austausch über diese Probleme mit Herrn Heil?
- Wurde bei der Bewertung durch die Kreisverwaltung (vgl. Presseinformation vom 25.5.2022), dass das Flüchtlingsheim Ehra-Lessien kein „Brennpunkt von Gewalt gegen Frauen“ sei, auch Sachverhalte einbezogen, die polizeistatistisch als Straftat nicht erfasst worden sind / werden können? Auf welchen Kenntnissen und Bewertungsgrundlagen stützt sich diese Aussage?
- Halt die Kreisverwaltung / der Landrat die Bewertung aufrecht, dass das Flüchtlingsheim Ehra-Lessien kein „Brennpunkt von Gewalt gegen Frauen“ sei?
Antwort
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Die Betreuung der Unterkunft hat die Kreisverwaltung an eine Betreiberfirma fremdvergeben. Die Mitarbeitenden des Betreibers sind in den Kernzeiten von 8:00 bis 20:00 Uhr vor Ort. Darüber hinaus ist der Betreiber seitens der Kreisverwaltung dazu verpflichtet worden, dafür Sorge zu tragen, dass Sozialarbeiter*innen zur Betreuung der Bewohner*innen vor Ort sind, um fur die Betreuung, Beratung und Unterstützung der Bewohner*innen zu sorgen. Außerdem besteht eine Rufbereitschaft rund um die Uhr.
Ebenfalls rund um die Uhr vor Ort ist ein Sicherheitsdienst. Außerdem sind auch Mitarbeitende der Kreisverwaltung aus diversen Fachbereichen vor Ort. Hinzu kommen viele ehrenamtliche Helfer*innen.
Alle vor Ort arbeitenden Personen sind gemaB ihren Tätigkeiten qualifiziert. Fur die Sozialarbeit wird der Betreuungsschlüssel soziale Arbeit 1 der Niedersächsischen Landesaufnahmebehörde erfüllt.
Als soziale Akteure sind auf der Anlage regelmäßig der Verein Mosaik (Fahrradwerkstatt, Kleiderkammer, Kinderaktionen), die Stabsstelle Integration (Frauentreff, Gesprächskreise), Ländliche Erwachsenenbildung (Sprachkurse), Hebammensprechstunde (Schwanger, junge Mutter bei Bedarf). Ebenfalls ist der sozialpsychiatrische Dienst, das Gesundheitsamt, Jugendamt bei Bedarf in der Unterkunft präsent.
- In der Unterkunft ist regelmäßig Personal aus der Abteilung 3.2 im Einsatz (Team der Unterbringung und sozialen Betreuung). Mitarbeiterinnen der Stabsstelle Integration, des Jugendamts, des Sozialpsychiatrischen Dienstes, des Gesundheitsamts sind im Bedarfsfall ebenfalls vertreten.
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Die Gemeinschaftsunterkunft Ehra-Lessien befindet sich auf einem ehemaligen Kasernengelande. Dadurch stehen mehrere, einzelnstehende Gebäudekomplexe zur Verfügung. Die Kreisverwaltung hat von Beginn an darauf geachtet, eine separate Unterbringung von beispielsweise allein reisenden Männern, Frauen mit Kindern oder Familien zu gewährleisten zu können. Bereits bei Ankunft bzw. Neuzuweisung von Flüchtlingen wird dies entsprechend berücksichtigt. Weitergehende Merkmale (Religion, Nationalität o.ä.) werden im Fall der Notwendigkeit der Unterbringung in Mehrpersonenzimmern nach Möglichkeit berücksichtigt. Innerhalb dieser Gebäude gibt es auch Gemeinschafts- und Begegnungsräume, welche wiederum nur durch die jeweiligen Hausbewohner genutzt werden.
Alle privaten Zimmer sind abschließbar. Ebenso gibt es abschließbare Schränke in den Zimmern. Darüber hinaus werden Sanitäranlagen strikt getrennt und es stehen abschließbare, nicht einsehbare und geschlechtergetrennte Toiletten- und Duschräume zur Verfügung.
- In 2022 wurden Leuchtstrahler mit Bewegungsmeldern installiert, um die Zuwegung zu den Häusern besser auszuleuchten.
- Der Kreisverwaltung sind keine schriftlichen Vorgaben bekannt.
- Seitens des Sicherheitsdienstes wurden keine der benannten Übergriffe gemeldet. Erkenntnisse über Polizeieinsätze in diesem Zusammenhang sind ebenfalls nicht bekannt.
- Gemeinsam mit dem Betreiber, dem Sicherheitsdienst und den ehrenamtlich Tätigen evaluieren die Mitarbeitenden der Kreisverwaltung stetig die Situation in der Unterkunft, um ein bestmögliches Zusammenleben zu gewährleisten. Intensive Gespräche mit der Polizei Gifhorn, den Mitarbeitenden der Kreisverwaltung des Sicherheitsdienstes und der Betreiberfirma sowie mit den ehrenamtlichen konnten die genannten Vorwürfe nicht bestätigen. Bis auf wenige Einzelfalle sind keine derartigen Zwischenfälle bekannt. Diesen Hinweis haben wir auch Struckmeier noch vor Ausstrahlung des Beitrags bei Panorama 3 zukommen lassen.
- Der Niedersachsische Flüchtlingsrat hat sich mit einer E-Mail an die Kreisverwaltung gewendet. Dieser E-Mail war eine Zusammenfassung von Briefen und einer Audiodatei beigefügt, die laut Angaben des Flüchtlingsrats von in der Unterkunft Ehra-Lessien untergebrachten Geflüchteten stammen würden. Diese Zusammenfassung enthält eine Reihe von Kritikpunkten an der Unterkunft, die aber nicht näher belegt sind. Zum Thema Gewalt gegen Frauen wird das formal nicht vorhandene Gewaltschutzkonzept kritisiert und häusliche Gewalt mit heftigen Verletzungen, wie Verbrühung mit kochendem Wasser, Vergewaltigungsversuche. Der schreckliche Fall des Angriffs mit kochendem Wasser ist in den Medien ja bekannt geworden. Wie die Polizei erläutert hat, gibt es einen bekannten Fall einer versuchten Vergewaltigung.
- Siehe Antwort auf Frage 7.
- Siehe Antwort auf Frage 7.
- Siehe Antwort auf Frage 7.
- Die Polizei Gifhorn hat im Kreisausschuss vom 25.05.2022 die Situation inkl. Einsatzzahlen in Ehra-Lessien ausführlich dargestellt.
- Die Kreisverwaltung steht in regelmäßigem Austausch mit der Polizei Gifhorn. Nach dem Interview mit Frau Struckmeier hat die Kreisverwaltung eine Reihe von zusätzlichen Gesprächen – u.a. auch mit der Polizei — geführt, die die erhobenen Vorwürfe dahingehend nicht bestätigen konnten, dass Ehra-Lessien ein Brennpunkt von Gewalt gegen Frauen ist. Ich bin selbst regelmäßig in der Gemeinschaftsunterkunft Ehra-Lessien vor Ort und pflege gute Kontakte zu den ehrenamtlich Tätigen. Weder von den Ehrenamtlichen noch von meinen Mitarbeitenden sind derlei Probleme an mich herangetragen worden.
Ich bitte um Kenntnisnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Heilmann